Freitag, 17. Januar 2014

Die stille Gewalt

Ein Aspekt von Facebook ist das Schneeball-Prinzip. Auch gerade deswegen ist dieses Medium so beliebt geworden und wird von vielen zur schnellen Verbreitung von Neuigkeiten, Werbung usw. verwendet.
Es ist interessant zu sehen, welche Artikel immer und immer wieder geteilt werden. Seit gestern ist es wieder ein solcher Artikel, über welchen man immer wieder in Facebook stolpert, da in viele abonnierte Blogs und Freunde teilen. Auch ich habe ihn geteilt und selbst mein kleines Bloggerlichtlein führte dazu, dass ihn 12 weitere Personen teilen.
Es ist ein Artikel bei dem sich wohl sehr viele angesprochen fühlen, man kann sogar fast schreiben "Wer frei von Schuld, der werfe den ersten Stein!" - Nur sieht man nicht wirklich Steine fliegen. Sicherlich kann sich jeder an eine Situation erinnern, in welcher es passiert ist.

Anschreien! Das eigene Kind anschreien, weil man selbst gerade enorm gestresst ist. Auch mein kleines Herzkind hat das schon erleben müssen. Ich fühl mich nicht gut dabei, ich fühle mich danach nicht gut und ich weiß auch, dass es total unnötig war und auch garnichts gebracht hat. Und doch! Es bewirkt etwas, aber nicht das was man in diesem Moment erhofft! Der Artikel zeigt es, es kann Angst bewirken! Wer möchte, dass sein Kind Angst vor einem hat? Und es geht noch weiter. Kinder lernen selbst zu schreien, damit zu verletzen...
Als ich den Artikel in Facebook geteilt habe, habe ich dazu geschrieben, dass es nachdenklich macht! Und das ist gut so! Es ist wieder einmal Zeit zur Selbstreflektion. Zeit sich bewusst zu machen, was man damit tut und bewirkt und ob man das möchte!

Noch am selben Abend habe ich in dem Buch "Das Tao von Montessori" passendes zu dem Thema gelesen:

"Wir sind umgeben von Gewalt. [...] Aber Gewalt ist oft still und Waffen sind verborgen. [...]
Welche sind die stillen Waffen? Physische Gewalt: die Vorstellung, dass Größer-, Alter- oder Stärkersein uns das Recht geben würde, dem Kind unseren Willen aufzuzwingen. Die Kraft unserer Stimme: dass Lauter-, Entschlossener- oder Wütender-Sein uns das Recht geben würde, die Aufmerksamkeit des Kindes zu fordern. Wenn wir Kindern gegenüber laut werden, sind unsere Waffen nicht weniger verletzend. Diese Lektionen sind viel gefährlicher.
Primitive Demonstrationen von Gewalt sind etwas Konkretes. Wir können sie schwarzweiß darstellen. Schlag nicht. Beiß nicht. Aber es ist viel schwieriger, die subtileren Waffen zu definieren, [...]. Wir verstecken unsere Reue vielleicht hinter der Rechtfertigung, dass das Kind unsere Reaktion ausgelöst habe. [...] Wenn wir uns verteidigen, zeigt sich ganz klar unsere Heuchelei. Wir wollen es wahrscheinlich nicht laut sagen, dass wir das Kind misshandelt haben. Aber in der Stille unseres Herzens wissen wir es, wenn wir es fühlen."

Nein, ich möchte mein Kind nicht verletzen! Auch nicht mit stiller Gewalt! Ich möchte es nicht mit Worten misshandeln! Mein Herz blutet, wenn ich daran denke was ich meinem Herzkind damit antue! In meinen schwachen Momenten, in Situationen in denen ich schwach bin und Fehler mache. Nicht das Herzkind macht den Fehler! Zum Glück sind diese Situationen bisher selten gewesen und ich weiß auch ganz genau, wann sie bei mir ausgelöst werden. Nachts, wenn ich hundemüde bin und der Zwerg nicht schlafen will, dann bin ich schwach! Dann muss ich aufpassen und man muss es sich eingestehen. Als es zuletzt so schlimm war (ich berichtete) habe ich meine Decke geschnappt und bin ins Wohnzimmer geflüchtet. Mein Mann musste sich um das Herzkind kümmern und ihn beruhigen. Man muss sich eingestehen, wenn es auch mal nicht mehr geht und wie es auch in dem tollen Artikel steht, besser aus der Situation herausgehen, sich ins Bad einschließen oder ins Wohnzimmer... und durchatmen! Sich bewusst werden, das Kind kann für meinen inneren Streß nichts!
Es sind nicht die Kinder, die dafür verantwortlich sind, wir dürfen sie nicht dafür beschuldigen. Kinder sind in jeder Phase ihres Lebens, eben so wie sie sind. Schon seit vielen Jahrhunderten und Jahrtausenden, brauchen sie Hilfe beim Schlafen, beim Selbstständig werden, beim eigenen Willen. Wir haben es nur verlernt, dass dies so ist. Wir Erwachsene wollen nicht mehr sehen, dass auch wir einmal Kinder waren. Für uns Erwachsene wäre es doch so einfach, wenn Kinder kleine Erwachsene wären. Wenn sie wären, wie wir und wir sie somit ohne Umdenken verstehen könnten.

"Es muss eine neue Art der Erziehung aufgebaut werden, von Geburt an. Die Erziehung muss umstrukturiert werden und auf die Grundlage des Naturgesetzes gestellt werden, und nicht auf die vorgefassten Vorstellungen und Vorurteile der Gesellschaft der Erwachsenen. - Maria Montessori"

Es war ein großes Anliegen von Maria Montessori, dass wir genau das verstehen!

Umdenken und Selbstreflektion! Solche Artikel sind gut, um uns zu erinnern an uns zu arbeiten und uns immer wieder zu hinterfragen. Wie möchten wir mit unseren Kindern umgehen, was sollen sie aus unserem Verhalten lernen? Ich bin immer wieder dankbar, dass es solche Artikel gibt! Sie halten wach und erinnern!

Mein Herzkind soll auch weiterhin unbeschwert spielen und lachen können. Es soll seine Kindheit genießen, sich gerne daran zurück erinnern und seinen Eltern vertrauen!


7 Kommentare:

  1. Hallo Sabrina,

    sehr bewegende Zeilen hast du geschrieben, habe den Artikel gestern auch gelesen..
    Deine Zitate haben mich auch sehr nachdenklich gemacht, erst Recht das mit der Physischen Gewalt..es hat mich an meine Kindheit/Zeit im Elternhaus erinnert, wo ich oft angeschriehen wurde..was das mit mir damals gemacht hat...ich wollte um alles in der Welt nie so sein..ich meine ich werde nie solche Sachen sagen wie meine Mutter zu mir..Gott bewahre...aber ich möchte auch nicht wegen kleinen Dingen lauter werden...manchmal fällt einem das schwer, wie du sagtest, manchmal ist man einfach überfordert und schwach, aber mein Mann und ich machen es auch manchmal so dass wir es sagen und uns abwechseln..
    Es gibt wohl nichts wichtigeres als das ein Kind ohne Gewalt aufwächst..egal welcher Art..
    Danke für die ehrlichen und bewegenden Worte!
    Liebe Grüße von Susanne

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  2. Ein toller Artikel und ein ebenso guter Text von dir dazu.
    Ich kann dir in allem nur Recht geben.

    Einen Einwand hätte ich allerdings:
    Du hast noch ein sehr kleines Kind... meine beiden sind schon deutlich älter, gehen zur Schule.
    Glaube mir, dass was du bisher erlebt hast ist noch gar nichts zu dem was noch kommt.
    Manchmal hat es nämlich durchaus Sinn lauter zu werden...nämlich, um sich verletzlich zu zeigen. Denn das vergessen die älteren Kinder oft. Das die Eltern keine Alleskönner sind und auch mal ihre Grenzen erreichen, traurig sind, hilflos. Wichtig dabei ist dann natürlich, 1.danach zu erklären, warum man so ärgerlich war das man so reagiert hat und 2. das es bei einem seltenen Mal bleibt und nicht zur Regel wird.

    VG

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  3. Ich versuche auch ruhig zu bleiben, was allerdings nicht sehr einfach ist. Unser Jüngster ist jetzt 2 und mitten in der Trotzphase. Mit ruhigen Worten erklären geht wirklich manchmal nicht. Er ist einfach ein ganz wilder kleiner Kerl. Gestern wollte er doch tatsächlich mit der Gabel in die Steckdose... Da muss man auch mal laut werden, denke ich. Sonst denkt er am Ende noch, er wird gelobt. So merkt er gleich, dass er was falsch gemacht hat. Wenn man immer im gleichen Tonfall redet, unterscheiden die Kleinen das irgendwann gar nicht mehr. Wenn man sie beim Blödsinnmachen erwischt, müssen sie auch merken, dass das, was sie da tun, nicht in Ordnung ist. Bei ganz kleinen Kindern mags ja noch sein, die verstehen das noch nicht. Aber ab nem gewissen ALter sollte man auch mal die Stimme erheben können, als Signal. Wie Anonym oben schon geschrieben hat.

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  4. Ich schließe mich dem Kommentar von Anonym an und sehe es differenzierter. Natürlich sollte man sich bewußt sein, warum man das Kind anschreit. Es sollte auch nicht zur Regel werden. Nur halte ich auch nichts davon, immer alles geglättet zu sagen. Als Mutter bin ich auch ein Mensch mit Emotionen. Ich bin eben auch mal verärgert über bestimmtes Verhalten meines Kindes. Ja, ich bin auch mal wütend. Und ich denke, es ist auch wichtig, daß das Kind genau diese Emotion auch mal fühlt, um eben zu merken: "Aha, da ist ein Mensch mit eigenen Bedürfnissen gegenüber. Ich bin nicht allein auf der Welt". Kurzum, ich bin der Meinung, ins andere Extrem zu fallen, ist auch nicht richtig, sondern - wie immer - der goldene Mittelweg. Eben Mensch sein (gern auch mal als authentisch betitelt). Natürlich heißt es dennoch, sich immer mal wieder klar machen, warum manchmal solche Situationen auftreten, was der Auslöser war, wie die Reaktion Kind, die eigene, Ergebnis. Aber auch hier bin ich davon abgekommen, jede Situation bis ins Kleinste im nachhinein zu analysieren. Denn dann reagiere ich nicht mehr mit meinem Bauch und Herzen, sondern nur noch gesteuert. Auch nicht schön.

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  5. Auch ich war schon mal laut oder habe vor verzweiflung heukend vorm gitterbettchen gesessen als zwerg nicht schlafen wollte u ich nicht mehr konnte. Ihre augen waren groß. Aber ich hab mich entschuldigt. Gesagt, dass mir das schreien leid tut u dass nicht nett von mir war. Aber darauf kommt es doch an. Ich kann alles hinnehmen u meine wut hinter einem aufgesetzen lächeln verstecken und zuckersüß "ja schatz" flöten. Aber das fühlt auch ein kind. Wir alle machen fehler, man sollte aber dazu stehen u sich entschuldigen. Das hat auch ein kleinkind verdient.

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  6. Vielen Dank für deine Ehrlichkeit!
    Ich habe den Artikel noch nicht gelesen, werde ich aber gleich mal machen.
    Natürlich wollen wir alle nur das Beste für unsere Kinder, aber wenn sie mit der Schere in der Hand rumläuft, dann muss ich lauter werden, da hilft es dann nicht, wenn ich sie sanft darum bitte, mir die Schere zurückzugeben ;-)
    Also es gibt auch hier eine große Bandbreite, aber ich denke die meisten Mütter wissen, wo die Grenze liegt. Gott sei Dank vermeiden wir so gut es geht, diese Grenze zu überschreiten und wenn es doch mal passiert, zeigen wir den Kindern doch ziemlich schnell, dass es uns leid tut und wir sie lieb haben. Das ist doch das Wichtigste!

    Ganz liebe Grüße!
    Janina

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  7. Wow! Ihr Lieben,

    vielen Dank für eure zahlreichen Kommentare! Natürlich habt ihr alle recht! ♥
    Mir ging es in meinem Beitrag wirklich ganz gezielt um das Anschreien. Wirklich Schreien! Nicht das lauter werden, wenn sich das Kind gerade in Gefahr befindet usw.
    Denn da steckt auch eine andere Emotion dahinter, da merkt das Kind, da schwingt noch etwas anderes mit, als einfach nur ein Schreien, weil man schwach und gestresst ist.
    Sicherlich werde ich das Thema im Laufe meines Mama-Seins noch einige Male aufgreifen und mich damit befassen müssen. Wie hier schon geschrieben wurde, der Kleine wird noch älter werden ;)

    Liebe Grüße, Sabrina

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